Halberstädter Tageblatt vom 05.01.2011
„Land zeigt Vertrauen in die Qualität der Arbeit“ „Konnten unsere Arbeit auf verschiedenen Ebenen vorstellen.“ „Können wieder stärker in die wissenschaftliche Arbeit einsteigen.“
Von Sabine Scholz
Noch kurz vor dem Jahreswechsel gab es die gute Nachricht – Land und Vorstand der Stiftung Moses-Mendelssohn-Akademie unterzeichneten einen Vertrag. Damit wird das Grundvermögen der Stiftung um drei Millionen Euro aufgestockt.
Halberstadt. Jutta Dick ist die Erleichterung anzumerken. Das vergangene Jahr war mal wieder eines der aufregenderen. Denn es war unklar, ob die Moses-Mendelssohn-Akademie (MMA) im Jahr 2011 noch existieren wird.
Grund für dieses Szenario war die chronische Unterfi nanzierung der Einrichtung. „Wir brauchen im Jahr 150 000 Euro für die zwei Personalstellen und die Betriebskosten“, sagt die Direktorin. Zwar gab es seit 1998 Projektförderungen durch das Land – aber die decken keine Personal- und Fixkosten. Seit 2003 fördert das Land die MMA auch mit Zuschüssen für die Personalkosten. Die Stadt unterstützte ebenfalls, und dennoch gelang es seit 2005 nur dank des Einsatzes der Moses-Mendelssohn-Familienstiftung in Erlangen, die Arbeit in der Halberstädter Akademie zu ermöglichen. „Damit wir inhaltliche Arbeit leisten können und nicht nur Immobilien verwalten“, sagt Jutta Dick.
Prof. Dr. Julius Schoeps und Manfred Wolff, Vorstandsmitglieder der Stiftung MMA, sehen in dem nun geschlossenen Vertrag mit dem Land „einen ersten richtigen Schritt in die langfristige Sicherung der Akademie“, sagte Schoeps nach der Vertragsunterzeichnung im Kultusministerium. Und Manfred Wolff betonte, dass er sehr dankbar sei, dass das Land Vertrauen in die Qualität der Arbeit zeige sowie das Bestreben, die Arbeit kontinuierlich fortzuführen.
Die Kultusministerin Prof. Brigitta Wolff hatte sich im November intensiv mit der Einrichtung und der Arbeit hier vor Ort befasst und sieht das Potenzial, dass die MMA auch für das Land Sachsen-Anhalt bietet. „Das war das Positive am vergangenen Jahr, dass wir dank der Debatte unsere Arbeit auf sehr unterschiedlichen Ebenen vorstellen konnten“, sagt Jutta Dick.
Bereits im Januar 2010 hatte das Land mit dem Haushaltsbeschluss 2010/2011 fünf Millionen für die MMA einge plant, die als Zustiftung für das Grundvermögen der MMA (das nur aus den Immobilien besteht) in zwei Raten fl ießen sollten. Einmal drei Millionen, einmal zwei Millionen. Nun gab es aber haushaltstechnisch einen formalen Fehler. Der machte die Umsetzung dieser Zustiftungs idee – mit der das Land langfristig aus der Förderung aussteigen will, weil die Zinsen die laufenden Kosten decken sollen – schwierig.
Sehr engagiert wirkte der SPD-Landtagsabgeordnete Gerhard Miesterfeldt daran, das Problem zu lösen, unterstützt von Dr. Detlef Eckert von der Linkspartei. Auch die CDU-Abgeordnete Frauke Weiß klinkte sich in die Diskussion ein, lud den Arbeitskreis Kultur ihrer Fraktion nach Halberstadt ein.
Letztlich kam alle Aufregung zu einem guten Ende, die drei Millionen Euro sind vom Land überwiesen. Der MMA kommt, so steht es im Vertrag mit denn Land, eine bedeutende Rolle bei der Bewahrung und zur Pflege des jüdischen Erbes und der jüdischen Geschichte Sachsen-Anhalts zu.
„Nun können wir uns endlich wieder mehr um die inhaltliche Arbeit, um Seminare, Kontaktpfl ege, Forschung kümmern“, freut sich Jutta Dick. Für die Arbeit vor Ort engagieren sich auch rund 20 Ehrenamtliche – als Museumsaufsicht, im Büro, in der Archivarbeit. Die Schulprojekte, Begegnungen und Vorträge der MMA stoßen auf großes Interesse, ebenso wie die Unterstützung, die die Halberstädter anderen Projekten zur Erforschung der jüdischen Geschichte angedeihen lassen – so in Oschersleben, Bernburg, Eisleben und Sangerhausen. „Das wächst“, sagt Jutta Dick und verweist auf die Kooperation mit dem Moses-Mendelssohn-Zentrum für europäischjüdische Geschichte in Postdam und mit der Universität in Halle. „In die wissenschaftliche Arbeit können und wollen wir nun wieder stärker einsteigen“, blickt die Direktorin voraus.
Erleichtert sind alle Akteure auch darüber, nun nicht immer wie ein Bittsteller auftreten zu müssen – wobei die Einrichtung nicht aus heiterem Himmel nach Halberstadt kam, sondern auf eine Bitte der Stadt hin geschaffen wurde.