Im Stadtfeld wogt architektonisch die Welle – Mieter sehen noch Klärungsbedarf für Bauvorhaben / GWW verspricht Antworten

Anfang Mai soll die architektonische Welle im Stadtfeld zur Wirklichkeit werden. Für den kommunalen Wohnungsverwalter wird der Umbau der „Platte“ zu einer besonderen Herausforderung – für seine Mieter allerdings auch. „Ich wusste gar nicht, dass es so eine Welle schlägt“, sagt Kirsten Fichtner. Die Geschäftsführerin der Gebäude- und Wohnungsbaugesellschaft Wernigerode mbH (GWW)empfindet den Zeitpunkt für die Vorstellung des Umbauprojektes im Stadtfeld eigenem Bekunden nach als zu früh. Allerdings ist sie die Gastgeberin. Eingeladen zu diesem Thema hat der SPD-Ortsverein Wernigerode im Rahmen seiner Reihe „Montagsgespräch“ in den Sitz der GWW am Platz des Friedens 6. Und obwohl es an diesem Abend bei minus 17 Grad Celsius draußen bitterkalt ist, pilgern gut 50 Interessenten in die Burgbreite. Der Großteil von ihnen wohnt quasi gegenüber in der „Platte“, die künftig eine architektonische Welle bilden soll. Kirsten Fichtner nennt die Gründe, warum ihr Unternehmen dieses Projekt verwirklichen will. Da ist zum einen der demografische Wandel. Die Geschäftsführerin: „2025 wird der Anteil der über 65-Jährigen bei 80 Prozent sein.“

Der zweite Punkt ist der Klimawandel. Angesichts der Wetterextreme muss es das Ziel der GWW sein, ihre Wohnblöcke energetisch zu sanieren. Am Walther-Grosse-Ring 6-13 sollen die Arbeiten beginnen. Geplant ist der Startschuss für den 2. oder 3. Mai. Kirsten Fichtner: „Wir werden Wohnungen abreißen. Diese Erfahrungen haben wir noch nicht.“ Und: „Es kommt viel auf Sie zu.“ Neue Heizungen, mit zwei Rohren statt einem, Elektroleitungen, Wasserver- und Abwasserentsorgung, Aufzüge, Laubengänge. Die Balkone werden leicht verbreitert. Die Grundrisse der heimischen vier Wände verändern sich. Sind es jetzt noch 168 Wohnungen, so werden es danach nur noch 93 sein. Das bedeutet eine Flächenreduzierung um 1156 Quadratmeter. Gesamtkosten laut GWW-Chefin: rund neun Millionen Euro. Genaueres soll es per Flyer geben. Der ist aber leider noch nicht fertig. Wie hoch die einzelnen Mieten sein werden, das wird derzeit errechnet. Fichtner: „Dazu kann ich heute noch nichts sagen.“ Nur so viel: Besonders schön werden die Dachwohnungen, allerdings im „hochpreisigen Segment“. „Mir fehlt jegliche Information“, beklagt ein Mann um die 60. Seit 29 Jahren wohnt er im Walther-Grosse-Ring. Zuletzt hat er in seiner nächsten Umgebung drei Wasserrohrbrüche erlebt. Jetzt benötigt er dringend eine neue Küche, aber „ich kann nicht planen“. Kirsten Fichtner bekräftigt, dies gerade vorzubereiten. „Demnächst ausführlich schriftlich.“ Ein anderer Mieter sorgt sich um sein erst vor drei Jahren renoviertes Bad. Die Fliesen müssten runter, nimmt ihm Ines Müller die Hoffnung, von den Arbeiten unbehelligt zu bleiben. Als Grund nennt die GWW-Bauleiterin und Prokuristin die Erneuerung der Elektroleitungen.

„Was wird aus den Hartz IV-Empfängern?“, fragt sichtlich betroffen eine junge Frau. „Für 4,10 Euro ist eine sanierte Wohnung nicht zu haben“, entgegnet ihr Kirsten Fichtner. Der Quadratmeterpreis wird höher liegen. Die Antwort darauf muss im Übrigen die Politik geben, ist sie „gespannt, was passiert“. Die Geschäftsführerin: „Die Hartz IV-Empfänger stigmatisieren, in dem sie nur noch in unsanierten Blöcken leben, das kann es eigentlich nicht sein.“ Fast 4000 Menschen haben in dem ab 1980 erbauten Stadtfeld ihr Zuhause. Gerade hat der Eigenbetrieb Kommunale Beschäftigungsagentur (KoBa) Jobcenter Landkreis Harz dort eine Filiale installiert (wir berichteten). Hauptsächlich deshalb, weil er hier rund 650 Betroffene betreut. Das sind mehr als 25 Prozent der auf KoBa-Leistungen angewiesenen Frauen und Männer im gesamten Altkreis Wernigerode.

Exakt 53 Minuten dauert die von SPD-Stadtrat und GWW-Aufsichtsratsmitglied Kevin Müller moderierte Veranstaltung. Anschließend können sich die Interessenten im Sitzungsraum nebenan die Grundrisse der sanierten Wohnungen anschauen. Zuvor wirbt Evelin Malek noch um Verständnis. Sie ist bei der GWW unter anderem für Öffentlichkeitsarbeit zuständig. „Erst werden die versorgt, die am meisten betroffen sind“, verspricht sie. Ihre Bitte deshalb: „Lassen Sie uns ein bisschen Zeit.“ Denn, so Evelin Malek: „Es wird uns gelingen und am Ende werden Sie stolz darauf sein.“ Bis dahin dürfte es aber dauern. Kirsten Fichtner: „Das in einem Jahr durchzuziehen, das ist nicht machbar.“ Wenn alles gut läuft, kann eventuell 2012 noch mit dem zweiten Abschnitt Nummer 2-5 begonnen werden. „Es wird nicht lustig, das sage ich Ihnen“, versucht sie abermals, eventuelle Euphorie zu dämpfen. Dementsprechend zaghaft regt sich Beifall in der Runde.

Mit freundlicher Genehmigung der Harzer Volksstimme

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